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KURIER
FREITAG, 9. FEBRUAR 1973
Erwin Melchart |
"Wunderkind" Luigi La Speranza im Künstlerhaus
Zu schade für ein Kuriosum
Luigi La Speranza heißt der kleine Mann und ist ganze elf Jahre
alt. „Ich bin Künstler", meint der Knirps selbstbewusst, und liefert
gleich eine plausible Erklärung: "Denn sonst würde ich ja keine
Ausstellungen machen." Ein Wunderkind, ein malender "Wolferl" Amadeus Mozart
inmitten seiner Bilder im Ranftl-Zimmer des Künstlerhauses?
Ist der kleine Luigi wirklich ein Wunderkind,
eines jener gedrillten, künstlichen Wesen, deren geschätzte Kuriosität
darin besteht, Dinge zu vollbringen, die sich wesentlich ältere Menschen
kaum zutrauen? Wenn seine Mutter, eine kleine zarte Choreografin, prophezeit,
daß er nach seinen Erfolgen mit den Ausstellungen in Wien und Düsseldorf
wohl die Künstlerlaufbahn einschlagen wird", könnte man's fast
glauben.
Aber dann taut der Bub langsam auf und erzählt
von seinem Freund Günther, dem die Bilder so gut gefallen und der
heute nachmittag in die Ausstellung kommen wird. Jedenfalls bedeutet ihm
Günther viel mehr als all die Leute, die ihn so vieles fragen. Luigis
Augen leuchten, wenn er von seinem Hund "Lesso", einem schönen Collie,
erzählt oder vom Goldhamster und der kleinen weißen Maus, wenn
er von der Safari schwärmt, die er sich um den Erlös seiner Bilder
leisten möchte, oder vom kleinen Äffchen, das ihm seine Blätter
mit den vielen Hexen, Gnomen und phantastischen Dingen einbringen sollen.
Wenn er so dahinplaudert, merkt man, daß.
dieses Wunderkind" Luigi ein einfacher, lieber Bub ist, der nur das Glück
hatte, daß sein Talent an kindlicher Phantasie nicht verhindert,
zwangsweise umgelenkt oder im Schulunterricht verpatzt wurde. Er eifert
seinen Vorbildern Hieronymus Bosch, Erich Brauer, Ernst Fuchs und Robert
Zeppel Sperl nach und träumt von einer Künstlerkarriere. Ob's
ihm gelingt, wird sich zeigen. Das Schlimmste für den talentierten
Burschen wäre es, ihn jetzt in eine kuriose Wunderkindrolle" zu pressen.
Erwin Melchart |
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