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REINISCHE POST
DÜSSELDORF
MITTWOCH, 3. FEBRUAR 1971
th. |
Die Lehrerin endeckte Luigis Talent
Er heißt Luigi La Speranza, gibt mit
seinen acht Jahren zu vielerlei Hoffnungen Anlaß und besucht in Wien
die Volksschulklasse 3b. In dieser Woche wird er Düsseldorf besuchen.
In der Schule hat Luigi für den Ausflug von der Donau an den Rhein
"frei bekommen". Aus besonderem Anlaß: In der Galerie Brebaum auf
der "Kö"' wird am 4. Februar eine Ausstellung eröffnet, bei der
der kleine Luigi die Hauptperson ist. Genauer, die Bilder, die der Achtjährige
gemalt hat. In Wien sollen sie in Fachkreisen "wie eine Bombe eingeschlagen"
sein. Was es mit der Explosivkraft des kindlichen Malgenies auf sich hat,
sollen nunmehr auch die Kunstexperten am Rhein beurteilen.
Luigi—seine Mama ist Wienerin, sein Vater Italiener—wird
mit seiner Mutter nach Düsseldorf kommen. Zu der ungewöhnlichen
Begabung ihres ältesten Sohnes kann die 34jährige ehemalige Tänzerin
nur sagen: "Luigi war immer ein braves Kind. Sonst ist uns an ihm nichts
aufgefallen Erst die Frau Lehrerin hat entdeckt, daß er so begabt
ist." Der Junge selbst weiß über seine Bilder erst recht keinen
Aufschluß zu geben. "Es macht mir halt Freude", sagt er lachend.
Und nach einer kleinen Pause fügt er hinzu: "Nichts macht mir soviel
Freude wie das Malen."
Da ist die Aussage der "Frau Lehrerin", Gertrude
Linke, schon aufschlußreicher: "Luigis Malereien gehen weit über
das hinaus, was ich seit mehr als 25 Jahren auch an gelungensten Kinderzeichnungen
zu sehen gewohnt war." Frau Linke war es denn auch, die zu Weihnachten
1969 in der Wiener Volksschule an der Steinlechnergasse im Klassenzimmer
die Bilder ihres Schülers Luigi La Speranza ausstellte. Eltern und
Schüler wurden eingeladen. Alle waren begeistert.
Die Begeisterung schlug Wellen bis in die Wiener
Galerie Basilisk, wo die Inhaber Lingens und Ketterer die erste offizielle
Ausstellung des Jungen arrangierten. Die Kritiker waren mehr als interessiert,
galt es doch gewissermaßen mit einem Phänomen fertig zu werden.
Denn dem unbefangenen Volksschüler Luigi war in aller Unschuld etwas
geglückt, worum sich viele bewußte Künstler sehr bemühen:
Aus Dingen, die es in der Wirklichkeit gibt, phantastische Kompositionen
zu machen, die dazu noch das Auge erfreuen. Luigi wurde von der Kritik
als "phantastischer Realist" eingereiht— ein Ausdruck, den er selbst noch
gar nicht versteht.
Er freut sich, daß seine Bilder der Lehrerin,
der Mutter und den Schulkameraden gefallen. Im übrigen macht er seinen
Klassenkameraden nicht nur wegen seiner Malkünste Eindruck: Er ist
außerdem ein guter Turner, was in diesem Alter nicht minder zählt.
Von seinen Bildern, die er mit Buntstiften, Filzstiften und Kreide malt,
findet Luigi selbst einen Baum am schönsten, auf dem lauter seltsame
Tiere wachsen.
Ob unter den Bilder-Tieren ein Goldesel' versteckt
ist, der Luigi und seine Familie reich machen kann, ist schwer zu sagen.
Denn bisher sind seine Bilder nur gezeigt und nicht verkauft worden. In
Düsseldorf soll das anders sein. Hier können Interessenten ab
Donnerstag möglicherweise einen "Picasso von morgen" nach Hause tragen.
th. |
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