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KURIER
MITTWOCH. 18. MÄRZ 1970
Peter Pilz |
7 jähriger Schüler stellt aus / Anerkannte
Künstler sind begeistert
Luigis wunderbares Zeichentalent
Wien (Eigenbericht). Wenn die Buben und Mädchen der 2-b-Klasse
der Volksschule in der Steinlechnergasse im 13. Bezirk Zeichenunterricht
haben, dann sind alle schon neugierig: "Was wird heute der Luigi wieder
zeichnen?"
Wenn die anderen mühsam an Strichmännchen, Blumen und Kasperlgesichtern
herummurksen und kindlich Unbeholfenes produzieren, dann zeichnet Luigi,
ihr gleichaltriger Mitschüler und somit ein Knirps unter Knirpsen,
einfach, wie er es nennt, Phantasie.
Phantasie heißt: wunderliche Märchenfiguren, Tiere, Ornamente,
farbenfrohe Phantasielandschaften. Er zeichnet das mit einer beinahe genialen
Selbstverständlichkeit, einem Gefühl für Farben und künstlerische
Ästhetik, so gut, daß der Siebenjährige bereits eine Ausstellung
mit seinen "Werken" veranstalten darf. Die - bisher noch unverkäuflichen
- Bilder werden ab Mittwoch bis 11. April in der Galerie "Baselisk" in
der Schönlaterngasse zu sehen sein.
Luigi L a S p e r a n z a - zumindest der Künstlername
wurde ihm schon in die Wiege gelegt - ist der erste seiner Familie, der
dem klangvollen Namen Entsprechendes produziert.
Vielleicht wäre die Künstlernatur in Luigi La Speranza auch
noch eine Weile unentdeckt geblieben, hätte ihm im Vorjahr der Osterhase
nicht einen prächtigen Blechkasten mit bunten Filzstiften gebracht.
Seit er mit diesen Filzstiften zeichnet - und keine Beschäftigung
ist ihm lieber -, produziert er Bilder, die anerkannte Künstler wie
Ernst Fuchs begeistern.
"Es ist eine Freude. Er ist mein begabtester Zeichenschüler seit
zwanzig Jahren", meint seine Lehrerin Gertrude Linke, eine wahre Klassenmutti,
Außer seiner unbestrittenen künstlerischen
Fähigkeit unterscheidet den aufgeweckten Buben nichts von gleichaltrigen
Kindern. Er spielt gerne mit seinem Baukasten, verwöhnt seinen Goldhamster
Petzi, liest - mütterliche Ermahnungen fruchten nicht viel - nur mit
Widerwillen ein Buch. Lieber schon schreibt er selbst Geschichten. So eine
abenteuerliche Piratengeschichte, die er, als Geburtstagsgeschenk für
seine Omi gedacht, wegen orthographischer Mängel dann doch nicht hergeben
wollte.
Obwohl Luigi wie ein Großer am Mittwoch
seine erste Ausstellung eröffnen wird, hat er noch nie in seinem Leben
ein Museum von innen gesehen. Als er für KURIER-Photograph Zugmann
im Museum des 20. Jahrhunderts mit einem seiner „Werke“ posierte, interessierte
ihn am meisten die riesige Sprungmatte. Museumsdirektor Dr. Schmeller,
zufälliger Zaungast beim Photographieren, mit Kennermiene: "Allerhand.
Die Ausstellung muß ich mir anschauen.“
Bild oben: Luigi vom Zeichenunterricht »befreit«,
darf zeichnen, was er will. Seine Lehrerin läßt ihm völlige
Freiheit
Bild links: Ein Werk ohne Namen. Luigi nennt
alles bloß Phantasie. Phantasie wie sie Kinder selten so ausdrucksvoll
zu Papier bringen
Luigi mit einem seiner Werke im Museum des
20. Jahrhunderts. Platzkarte schon reserviert?
Peter Pilz |
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